Prolog
Mein Fuß berührt die Straße, die unter dem Bus hervorragt. Schritt für Schritt laufe ich der Bank unter dem Bushaltehäuschen entgegen. Kathie bemüht sich hinterher zu kommen, doch ich, ich laufe einfach weiter. So als würde ich nichts von ihren Worten verstehen, oder auch nur wahrnehmen. Doch dann.....mir wird schwindelig und die Umgebung dreht sich um mich herum, mal in die eine Richtung, mal in die andere. Plötzlich erkenne ich den Umriss von Kathie vor mir. „Was ist los? Oh mein Gott, Carolin, du bist ja ganz blass. Kannst du mich hören? Hallo.....“, schreit meine Freundin mir schockiert entgegen, doch ich nehme nur Wortfetzen wahr.
Mein Körper wird schwächer, und ich sinke auf den harten Steinboden, auf dem ich liegen bleibe. Schatten bewegen sich vor meinen Augen hin und her, und dann erscheint mir die Welt schwarz und düster.
„Holt einen Krankenwagen los! Ich brauche Hilfe!“, schreit meine Freundin panisch, das sind die letzten Worte, die ich verstehen kann.
Um mich herum ertönen Geräusche, die mir nur von Filmen bekannt vor kommen. „Düüd....Düüd....Düüd....Düüd.“, hallt es im Raum. Ich habe Angst, meine Augen zu öffnen, dann wird es eine Weile lang still. Die Stille lässt mich verrückt werden, ich spüre wie mein Herz immer schneller pocht. Und dann, das Geräusch geht wieder los: „Düüd....Düüd....Düüd.“
Ganz langsam öffne ich meine Augen, zuerst nur einen Spalt breit, und dann erblicke ich eine weiße Decke über mir. Das grelle Licht schmerzt in meinen Augen, nach der langen Zeit, in der ich im Dunklen gelebt habe. Ich versuche es noch einmal, und öffne wieder meine Augen, doch dieses Mal vorsichtiger. Wieder das grelle Licht, das meinen Augen ein Stechen verleiht. Ich drehe meinen Kopf hin und her, und betrachte den Raum in dem ich mich befinde.
Ich liege in einem weiß überzogenen Bett, und neben mir steht ein alter aber schöner Nachtisch. An den weißen Wänden hängen zwei bunte Bilder, auf denen Landschaften zu sehen sind. Das
Geräusch geht von Neuem los, meine Augen wandern im Zimmer umher und erblicken dann ein merkwürdiges Gerät, das ich nicht kenne.
Schließlich öffnet sich die Türe und ein alter Mann in einem weißen Mantel kommt in den Raum. Er hat einen grauen Schnurrbart, den ich witzig finde, ich muss lachen.
Anstatt mit zu lachen, schaut mich der Mann skeptisch an.
„Wie ich sehe bist du aufgewacht. Wie geht es dir? Ich bin Doktor Hoehn “, redet er mir zu, mit seiner kratzenden Stimme, die mich an einen Schauspieler erinnert.
„Mir ist schwindelig, und übel“, erkläre ich ihm, nebenher nickt Dr. Hoehn nur und macht sich Notizen. Dann öffnet sich wieder die Türe und mein Dad kommt ins Zimmer, und schaut mich verzweifelt an. Als Dad merkt, dass ich bei Bewusstsein bin, kommt er auf mich zu und sein Mund verzerrt sich zu einem Lächeln. Doch irgendwas ist faul, irgendwas wird jetzt kommen, das weiß ich.
„Carolin, endlich! Ich habe mir große Sorgen um dich gemacht. Wie geht es dir?“, flüstert mein Dad mit Tränen in den Augen. Bevor ich auch nur antworten kann, fängt Dr. Hoehn an zu reden. „Carolin, ich muss dir leider etwas Wichtiges mitteilen. Es tut mir wirklich sehr leid für dich, doch wir haben in deinem Körper zu viele weiße Blutkörperchen gefunden. Das heißt...“, bevor er weitersprechen kann, rede ich dazwischen. „Was? Was heißt es? Dad, was ist los?“, frage ich verzweifelt, Schweißperlen bilden sich auf meiner Oberlippe. Meine Hand wird von Dads´ umklammert, eine Träne nach der anderen kullert seine Wangen hinunter. Ich schaue Dr. Hoehn erschrocken an, ich wusste, dass jetzt etwas Schreckliches kommen wird. Mein Herz pocht, immer schneller, ich habe das Gefühl, es würde mir gleich aus der Brust springen.
„Carolin, es ist wichtig, dass du mir jetzt ganz genau zuhörst und meine Fragen beantwortest. Also, wie ich schon gesagt habe, haben wir in deinem Körper zu viele weiße Blutkörperchen gefunden. Diese weißen Blutkörperchen sind ein Anzeichen für
Leukämie. Bei Leukämie handelt es sich um einen Blutkrebs. Dieser ist nur schwer zu behandeln, und bei extremen Fällen gar nicht. Ich kann dir nicht sagen wie lange Zeit du noch zu leben hast, der Krebs hat sich schon sehr ausgebreitet und es wird schwierig werden ihn zu besiegen. Nun, hattest du in den letzten Tagen Fieber, Übelkeit oder Taubheitsgefühle?“, fragt mich Dr. Hoehn sachlich, doch diesmal mit einer sehr sanften Stimme.
Mein Herz bleibt stehen, mein Körper fängt an zu zittern. Diese Worte verändern mein ganzes Leben. In diesem Moment habe ich das erste Mal das Gefühl zu zerbrechen.
Meine Tränendüsen machen sich selbstständig und Tränen kullern meine Wangenknochen hinunter. Auch mein Vater kann seine Tränen nicht verheimlichen, auch seine fließen in Strömen.
Die Türe geht auf, die Blicke wandern zu Mum und Nils, die langsam den weißen Raum betreten. Nils kommt zu mir ans Bett gerannt und fängt an zu weinen, ich spüre seine warmen Tränen auf meinem Arm.
„Carolin, wie geht es dir?“, fragt die Stimme meiner Mutter in Richtung Krankenbett. Als ich antworten will, überfällt mich ein Hustenanfall, der mir die Luft zum Atmen raubt. Meine Mutter nickt, und holt meinen kleinen Bruder zu sich, der immer noch in meinem Arm weint. Dann ist es still, nur Schluchzer sind zu hören, doch diese kommen nicht von mir, ich bin nicht die Person, die im Moment am Weinen ist. Obwohl ich doch die betroffene Person bin, ich bin die Person, die krank ist. Doch meine Augen sind trocken, nicht mal eine Träne fließt mehr aus ihnen heraus. War das vorhin wirklich schon alles? Nachdem ich diese schreckliche Nachricht erfahren habe?
„Ich weiß es ist tragisch, und es tut mir sehr leid, aber es gibt Behandlungen, die ihrer Tochter ein wenig mehr Leben ermöglichen können. Natürlich wird sie nicht ganz gesund, aber wir versuchen unser Bestes“, erklärt Dr. Hoehn in die Stille, und betrachtet dabei die Gesichter meiner Eltern.
Ich bin froh, dass die Ruhe durch die Stimme des Doktors gebrochen wird, und mir endlich wieder Leben verleiht.
„Was sind das für Behandlungen? Wie wird mein Leben weiter
gehen?“, frage ich Dr. Hoehn, doch ich werde von meinem Vater unterbrochen, der anfängt mit Dr. Hoehn über die Behandlungen zu diskutieren.
Mir wird schwindelig, und ich fühle mich wie hinter einer Glaswand. Ich verstehe alles um einiges leiser, und dumpfer. Wie in einem Trauma bekomme ich mit, wie mein Vater und Dr. Hoehn über eine Chemotherapie reden. Diese Therapie ist eine Möglichkeit länger zu leben, aber durch diese Therapie werden Gifte in den Körper eingeführt, um die Krebszellen zu töten.
Plötzlich spüre ich wie etwas aus meiner Nase läuft, ich drücke meine Hand dagegen und betrachte sie. Blut, meine ganze Hand ist von rotem Blut überzogen. „Oh mein Gott Carolin, helfen sie ihr Doktor!!“, schreit mein Vater laut auf!
Alles geht sehr schnell, mein Kopf wird nach oben gedrückt, und etwas dringt in meine Nase. Vor meinen Augen erscheint alles doppelt, und dann schließen sie sich.
„Carolin, kannst du mich hören? Carolin?“, höre ich eine Stimme in der Dunkelheit. Die Stimme ist rau und sie kommt mir bekannt vor. Ich will meine Augen öffnen, doch irgendein Widerstand hindert mich daran. Was ist, wenn ich tot bin? Was werde ich sehen, wenn ich meine Augen öffne?
Zu viele Fragen schwirren mir durch den Kopf, doch dann öffne ich meine Augen. Vor mir erscheint ein Gesicht, zunächst verschwommen, doch dann wird es klar. Es ist Dr. Hoehn, der auf mich hinunter blickt. Ich bin nicht tot, noch nicht!
Kapitel 1
Ich wische mit meiner Hand das beschlagene Glas meines Zimmerfensters frei. Draußen rasen Autos vorbei, und ich erkenne wie das Wasser auf der Straße nach oben spritzt. Die Menschen rennen von Haus zu Haus, um nicht nass zu werden, mein Kopf wandert im Zimmer herum. Ich erblicke mein Spiegelbild, das im Wandspiegel erscheint, und ziehe meine Perücke, die auf meinem Kopf sitzt, herunter. Ein Lächeln erscheint in meinem Gesicht, denn meine Haare wachsen endlich wieder nach.
Während der Chemotherapie vor drei Jahren habe ich meine Haare verloren, es war eine schreckliche Zeit für mich. Ich habe mich nicht mehr aus dem Haus getraut und bekam dann diese Perücke. Seitdem ich vor einem Jahr die Chemotherapie abgebrochen habe, wachsen meine Haare wieder nach. Sie sind dünn und blond. Früher waren sie dicht, lang und blond, damals habe ich meine Haare geliebt.
Früher habe ich mich geliebt, aber heute, ich bestehe nur aus Knochen, und meine Haut ist blass. Mein ganzes Leben veränderte sich vor drei Jahren. In der Zeit musste ich meine ganze Ernährung umstellen, und es war schwierig mit meiner Familie auszukommen.
Meine Eltern haben sich vor 1 ½ Jahren getrennt, meine Mutter ist vom Rauchen besessen, und mein Vater will es nicht verstehen, dass meine Krankheit nicht zu heilen ist. Er nervt mich schon seit Langem, immer wieder will er, dass ich die Chemotherapie von Neuem beginne, doch mir ging es in der Zeit sehr schlecht. Ich habe damals viel Gewicht verloren, und trotz der Medizin hat sich der Krebs weiter ausgebreitet. Nun wird meine Zeit immer weniger, ich weiß nicht wie lange ich noch habe, mehr als 2 Jahre werden es ganz sicher nicht mehr sein.
Ich laufe zu meinem Bett und lasse mich hineinfallen, lasse mich fallen, starre an die grüne Decke über mir.
Die Regentropfen prasseln an mein Fenster, und für eine kurze Zeit schließe ich meine Augen.
Ich stelle mir vor wie es ist zu sterben, tot zu sein, nichts mehr zu spüren, nicht mehr zu atmen. Die Menschen, die nicht krank sind, denken, dass man durch eine Krankheit stark und mutig wird, doch das stimmt nicht. Ich habe Angst, sie kommt und geht, mal ist sie da und überfällt mich.
Es ist so still, und ich lausche auf das Prasseln der Regentropfen an meinem Fenster. Ich wünsche mir, dass dieser Moment nie zu Ende gehen soll, denn in diesem Moment habe ich das Gefühl gesund zu sein. Ich vergesse alles um mich herum. Die ganzen Besuche im Krankenhaus, die ich noch vor mir habe, die ganzen Blutproben, die noch kommen werden. Ich vergesse sogar, dass ich krank bin. Ich fühle mich gesund, und lebendig.
Was wäre, wenn ich eine Liste machte? Eine Liste, die meine letzte Zeit zum Leben bestimmt. Was ich noch machen und erleben will.
Ich öffne meine Augen und werde von dieser Idee gefesselt. Ich hole mir einen schwarzen Stift und setze mich auf mein Bett. Vorsichtig entferne ich das Popstar-Poster von der Wand und lege es auf mein Bett. Ich überlege mir, was ich als erstes auf die Liste schreiben will, was ich überhaupt alles noch erleben möchte, bevor ich sterbe. Es dauert nicht lang und schon habe ich den ersten Punkt aufgeschrieben, ich denke weiter nach und schreibe einen zweiten Punkt auf.
Auf eine Party gehen, ich lasse mir diesen Punkt lange durch den Kopf gehen, und beschließe dann Kathie anzurufen. Kathie war bisher immer für mich da. Als ich die Schule wegen meiner Krankheit abbrechen musste, ist sie jeden Nachmittag gekommen und hat mir erzählt, was alles in der Schule passiert ist.
Es ist belegt, und ich überlege, was ich machen kann. Ich schaue aus meinem Fenster, und bemerke, dass es aufgehört hat zu regnen. Ich bin froh darüber, und beschließe nach draußen zu gehen.
Mein Körper bewegt sich in Richtung Türe, und ich gehe die Treppe hinunter, wo mein Vater schon darauf wartet, dass ich endlich aus meinem Zimmer komme. „Wo willst du hin, Carolin?“, fragt er mich mit strengem Ton, der mich zum Stehen bringt. Ich schau ihm in die Augen und antworte ihm dann: „Ich gehe nach draußen, mir die Natur anschauen. Das willst du doch immer!“, erkläre ich ihm und laufe zur Türe raus. Dad schaut mir nur hinterher, und schüttelt dann den Kopf.
Draußen ist es kalt, und ich kann den Wind an meinen Armen spüren. Ich hätte mir eine Jacke mitnehmen sollen, doch jetzt werde ich das Haus sicherlich nicht noch einmal betreten. Hier draußen fühle ich mich frei, lebendig, und gesund. Ich vergesse alles um mich herum, stelle mir vor, wie es ist, jemand anders zu sein. Meine Augen wandern an einem Baum nach oben, bis sie die Krone erreicht haben. Nachdenklich betrachte ich die grünen Blätter, die an vielen verschiedenen Ästen hängen.
Ich versuche mich an einem dicken Ast hochzuziehen, doch mein Körper ist zu schwach und ich falle auf den Boden zurück. Noch einmal versuche ich es, doch wieder gelingt es mir nicht. Nun bleibe ich am Boden liegen und versuche nach Luft zu ringen, mein Körper ist zu sehr geschwächt um aufzustehen. Dad kommt aus der Haustüre gerannt, und kniet sich neben mich hin. „Ist alles ok? Was machst du nur für Sachen!“, fragt er mich nun sehr besorgt und ich höre seine Angst heraus. Er hat Angst mich zu verlieren, dass ich schneller von ihm gehen könnte als erwartet.
Der Moment wird durch Nils unterbrochen, der durch das Gartentor rennt und sich auf Dads Rücken schmeißt. Ich muss lachen, und setze mich auf. Mein kleiner Bruder schaut mich an, und lacht mit mir. „Caro, kannst du mit mir Fußball spielen? Biiitte!!!“, bettelt mein Bruder mich an. Dads Stirn zieht sich in Falten, und er ist wohl nicht sehr begeistert von der Idee, aber trotzdem stehe ich auf und gehe in den Schuppen um den Ball zu holen. Während ich weg bin, höre ich wie Dad meinem kleinen Bruder etwas sagt. Doch ich kann es nicht verstehen und gehe
mit dem weiß/schwarzen Ball ins Tor.
Nils nimmt mir den Ball ab und geht ein paar Schritte nach hinten, dann holt er aus und schießt den Ball in Richtung Tor. Anstatt ihn zu halten, lasse ich ihn neben mir ins Tor rollen. „Carolin, es hat jemand für dich angerufen“, ruft mein Vater aus dem Küchenfenster in den Garten.
Ich weiß sofort, dass es Kathie ist und renne die Treppe zum Haus nach oben, öffne die Türe und nehme das Telefon in die Hand. „Kathie? Hallo, bist du es? Ich habe eine Liste erstellt, du musst mir helfen sie abzuarbeiten!“, rede ich wie ein Wasserfall ins Telefon. Eine kurze Zeit lang ist es still und dann plötzlich erscheint Kathies Stimme.
„Wovon redest du? Was für eine Liste, Carolin?“, fragt Kathie durch das Telefon.
„Ich habe eine Liste erstellt, mit all den Sachen, die ich noch erleben will, bevor ich sterbe. Du musst mir helfen, sie abzuarbeiten bitte. Ohne dich schaffe ich das nicht!“, erkläre ich es ihr langsamer und warte darauf dass sie antwortet.
Ein „OK.“, erklingt in meinem Ohr und ich könnte Luftsprünge machen. Zusammen besprechen wir den ersten Punkt, und Kathie beschließt herzukommen.
Schon nach kurzer Zeit klingelt es an der Haustüre, und ich höre wie mein Vater sich mit Kathie unterhält. Mit einem Augen-verdrehen kommt sie ins Zimmer, und lässt sich auf mein Bett fallen.
„Kann dein Vater nicht mal erwachsen werden?“, schimpft sie mir entgegen und schaut mich an.
Ich lache und setze mich neben ihr auf das Bett. „Also wo findet heute Abend eine Disco oder Party statt?“, flüstere ich meiner Freundin zu, die gleich darauf eine Antwort weiß.
„Ich hole dich heute Abend um 20.00 Uhr ab, und wehe du überlegst es dir anders!“, droht sie mir und grinst.
Kapitel 2
Der Bass dröhnt in meinen Ohren und ich schaue an mir herunter, während ich mich auf der Tanzfläche bewege. Viele farbige Lichter fliegen durch die Disco, und ich versuche ihnen auszuweichen. Kathie schaut mich an und fängt an zu lachen, ich lache mit ihr und dann plötzlich erscheinen zwei Jungs hinter uns.
Wir drehen uns um, und meine Augen erblicken zwei gutaussehende Boys. Ich beobachte wie Kathie mit ihnen ein Gespräch anfängt, der eine ist groß, trägt ein enganliegendes, graues T-Shirt mit weitem Ausschnitt, das seine Muskeln an den Oberarmen betont.
Seine braunen Haare fallen ihm quer über das Gesicht und verdecken teilweise seine schönen blauen Augen. Der andere hingegen ist klein, schlank, hat kurze hoch gestylte blonde Haare und trägt ein schwarzes T-Shirt, das ihm etwas zu lang ist.
Lange betrachte ich die beiden, bis Kathie mich aus meinen Gedanken reißt und mir eine Frage stellt, die ich nicht ganz verstehe.
„Was ist los?“, frage ich nach. „Die Jungs haben uns gefragt, ob wir mit zu ihnen wollen? Willst du?“, erklärt mir Kathie vorwurfsvoll.
Ich nicke, obwohl ich mir nicht ganz im Klaren bin auf was ich mich gerade einlasse. Doch zusammen mit den zwei Jungs verlassen wir die Disco.
„Wie heißt du?“, informiert sich einer der beiden und zwinkert mir zur. Ich bleibe stehen, schaue ihm in die Augen, und flüstere meinen Namen vor mich hin.
Nun nickt er und macht eine Handbewegung, die mir signalisiert, dass ich weiterlaufen soll. Ich frage mich, wie der Abend wohl sein wird, was passieren wird und was ich im Stande bin zu tun?
Kathie läuft mit Lukas, dem Jungen mit dem braunen Haaren und
blauen Augen, voraus. Die Gegend kommt mir fremd vor, und ich
bekomme ein schlechtes Gewissen und bleibe stehen. Valentin (der andere Junge) schaut mich verwundert an und fragt mich was ich habe.
„Nichts!“, antworte ich und gehe zögernd weiter. Der Weg führt durch eine enge Gasse, um mich herum nur bemalte Mauern. Dann endlich stehen wir vor einem Haus, das nicht gerade sehr sauber aussieht und Valentin informiert uns, dass er hier in einer WG mit Lukas wohnt.
Bei den Jungs angekommen, geht Kathie mit Lukas in einen kleinen Raum. Nun stehe ich da, allein mit Valentin, der mich auf seine eigene Art und Weise betrachtet. Er fährt mit seiner Hand durch die blonden hoch gestylten Haare, die sich auf eine Seite biegen.
Eine Zeit lang schauen wir uns in die Augen, und das Schweigen ist mir unheimlich. Zum Glück wird es von Valentin unterbrochen.
Während er mich fragt, ob wir in sein Zimmer gehen sollen, merke ich, wie sich sein Blick auf mein Dekolletee richtet. Ich bin mir nicht sicher, was ich antworten soll, doch dann nicke ich bloß.
Meine Hände fangen an zu zittern, während wir uns zum Zimmer bewegen, und uns auf sein Bett setzen. Er schaut mich an, bis sich sein Gesicht mir nähert. Ich weiß nicht was ich machen soll, und schließe meine Augen.
Ich spüre seinen warmen Atem, der mir Gänsehaut verleiht, und seine Lippen berühren meine.
Ich erwidere den Kuss. Zärtlich streicht er mir über die Backe, ein kurzer Schauer streift über meinen Rücken. Langsam küsst er mit seinen weichen Lippen meinen Hals hinunter. Währenddessen wandert seine andere Hand unter mein T- Shirt. Ich weiß nicht wie ich reagieren soll, viele Gedanken entstehen schlagartig in meinem Kopf. Ich versuche sie in verschiedene Schubladen zu sortieren. Ich denke lange darüber nach, was heute Abend alles noch passieren wird?
Plötzlich steigt ein schlechtes Gewissen in mir auf, was ist wenn
ich es danach bereue. Ich kenne ihn doch nicht mal, ich weiß nicht wie es danach sein wird. Nein, so will ich das nicht, denke ich mir. Auch wenn er gut aussieht, werde ich nicht dafür bereit sein.
Langsam drücke ich Valentin von mir weg und schaue ihm in die Augen und merke, dass es ihm nicht recht ist. Wieder versucht er mich zu küssen, doch ich stehe auf und gehe einen Schritt zurück. „Was ist los?“, fragt er mich verwundert.
Ich mache ihm klar, dass ich das so nicht will. Dass er nicht der Richtige ist, dass ich noch nicht bereit bin. Er schaut mich leicht sauer an, während ich mich aus seinem Zimmer bewege. Durch einen Türspalt sehe ich Kathie, wie sie mit Lukas in einem Bett liegt. Seine Arme sind um sie geschlungen, und ihr Kopf liegt auf seinem durchtrainierten Körper.
Langsam schleiche ich mich nach draußen, dort ist es dunkel und um einiges kälter. Ich fange an zu rennen, renne durch meine Zukunft. So kommt es mir vor, denn ich fühle mich frei und lebendig. Ich vergesse die Welt um mich, merke nicht wie mir betrunkene Männer hinterher rufen. Ich wünschte mir nie mehr aufzuhören zu laufen, ich fühle mich so wohl dabei...bis mich meine Kraft verlässt und ich über meine eigenen Beine stolpere.
Ich falle auf den harten Boden wo ich liegen bleibe, und nach Atem ringe. Langsam drehe ich mich auf den Rücken und betrachte den Sternenhimmel, mache mir Gedanken darüber wie es später wohl sein wird, wenn ich tot bin. Werde ich dann da oben hängen, als Stern. Jeden Abend werde ich meinen Eltern beim Schlafen zusehen, meinem Bruder in seine Träume leuchten.
Wie lange werde ich noch Zeit haben, bis es mit mir zu Ende ist? Vor mir sehe ich wie meine Eltern weinend an meinem
Krankenbett stehen, und versuchen mit mir zu reden. Ich habe meine Augen geschlossen, aber ich höre ihre Worte, ihre Sätze,
die sie mir mitgeben. Langsam schließe ich meine Augen, und fühle mich in die Situation ein, denke über den Tod nach, und spüre wie ein Regentropfen auf meine Wange fällt.
Ein Motorrad rast mit lautem Brummen an mir vorbei, doch dann quietscht es, und ich nehme wahr wie es stehen bleibt. Doch ich bewege mich nicht, bleibe einfach liegen und lasse die Regentropfen weiter auf mich runter prasseln. Ich höre schleifende Schritte, die auf mich zu kommen, und stehen bleiben. Zuerst ist es mir egal, doch dann höre ich eine vorsichtige Stimme neben meinem Ohr.
„Geht es dir gut? Kann ich dir irgendwie helfen?“, fragt die unbekannte Stimme.
Langsam öffne ich meine Augen, und ein verschwommenes Gesicht erscheint über mir. Eine warme Hand berührt meine Wangen, und sie hilft mir mich aufzusetzen.
Ich fühle mich belämmert, und bin mir nicht sicher, wie lange ich schon am Boden gelegen habe. Als ich meinen Kopf bewege erblicke ich ein Gesicht. Zuerst kann ich nur Umrisse erkennen, weil es sehr dunkel ist. Doch dann erkenne ich einen Jungen mit starken Wangenknochen und schönen Lippen.
„Danke,....es ist alles OK!“, flüstere ich ihm zu, und stehe auf.
Inzwischen sind meine Klamotten durchnässt, und kleben an meiner Haut. Ich schaue an mir herunter, und senke dann meinen Blick beschämt zu meinen Füßen.
„Es ist schon dunkel, soll ich dich nachhause bringen?“, fragt er nach, und macht eine Andeutung mit seiner Hand zu seinem Motorrad.
Ich schaue ihn an, und lehne das Angebot ab, und erkläre ihm, dass ich zwei Häuser weiter wohne. Doch er lässt nicht locker und begleitet mich bis zu unserem Gartentor.
„Danke“, sage ich leise und drehe mich dann schnell um und verschwinde durch die Haustüre.
Kapitel 3
Ich liege im Bett und betrachte durch mein Fenster neben mir den Himmel. Es regnet immer noch, und ich kann die Regentropfen gegen das Fenstersims prasseln hören. Ich muss an den Jungen denken, seine Stimme erklingt in meinem Kopf, und ich komme nicht mehr von dem Gedanken an ihn los. „Wie er wohl heißt, und ob ich ihn jemals wieder sehen werde?“, schwirrt es mir durch den Kopf.
Dann aber fällt mir wieder die Liste ein, ich setze mich auf, und drehe mich Richtung Wand. Noch immer liegt der schwarze Stift auf meinem Nachttisch, mit dem ich die Liste angefangen habe. Ich überlege was ich als 3. Punkt aufschreiben soll? „Zu allem ja sagen“ steht bei Punkt 2.
Zu allem „Ja“ sagen, lese ich laut vor mich hin, denke nach was danach stehen könnte und schreib dann schließlich einen weiteren Punkt auf.
Punkt 3: Autofahren. Ich nehme mein Handy in die Hand und schreibe Kathie eine SMS, dass sie mich morgen anrufen soll.
Ich merke wie schwach mein Körper ist und lege mich hin, während ich aus dem Fenster schaue. „Werde ich diesen Jungen jemals wiedersehen?, ich wünsche es mir so sehr“, denke ich und langsam schließen sich meine Augen.
Ich träume von ihm, wie er mich anschaut und lächelt, seine blauen Augen, deren Strahlen mich glücklich machen. Ein Knall reißt mich aus den Träumen.
Meine Augen springen auf und ich erblicke die Decke über mir. Langsam setze ich mich im Bett auf und schaue nach hinten. Ich sehe die Liste an der Wand und überlege, ob Kathie wohl schon geantwortet hat. Meine Hände greifen zum Handy und schalten es an. Kein Symbol erscheint für eine neue Nachricht. Nachdenklich lege ich mein Handy wieder zur Seite und stehe auf. Die Sonnenstrahlen brechen durch die kleinen Spalten des Rollladens, den ich mit Mühe nach oben ziehe.
Ich erblicke die Straße vor unserem Haus, auf der schon viel
Verkehr ist. Mein Blick wandert zu meinem Wecker auf dem 7.38Uhr erscheint, und ich schaue wieder aus dem Fenster. Was wohl die meisten Leute schon so früh am Tag machen? Es ist doch Wochenende, da müssten, soviel ich weiß alle frei haben, doch danach sieht es nicht aus.
Plötzlich läuft ein Junge an unserem Haus vorbei, er ist groß, und sieht dem Jungen von gestern ähnlich. Ich muss wissen ob er es ist, ziehe meinen Bademantel an und renne die Treppe nach unten. Ich bin nicht die einzige die schon wach ist, auch mein Vater ist es bereits. Ich schleiche mich am Wohnzimmer vorbei in dem er mit aufgeschlagener Zeitung auf dem Sofa sitzt.
Langsam öffne ich unsere Haustüre einen Spalt weit und spähe nach draußen. Der Junge mit schwarzer Lederjacke steht noch immer am Straßenrand, wahrscheinlich um seine Zigarette fertig zu rauchen. Es ist windig und ich bemühe mich die Türe offen zu halten, doch ein Windstoß schlägt sie vor meiner Nase zu. Dadurch wird auch mein Vater alarmiert, dass ich bereits wach bin. Bevor ich in mein Zimmer verschwinden kann, steht er auch schon vor mir. „Guten Morgen“, wirft mein Vater mir entgegen, während ich mich in die Küche bewege.
Nach einem kurzen Gespräch verschwinde ich in mein Zimmer, ziehe meinen blauen Pullover an und schmeiße mich aufs Bett. Ich begutachte die Liste an meiner Wand und überlege, wie ich am besten an das Auto von meinem Vater komme. Bevor ich mir große Gedanken darüber machen kann, klingelt mein Handy und ich gehe ran.
Kathie ist es, die meine Nachricht wohl bekommen hat. Hastig erzählt sie mir ihr Erlebnis von gestern Abend, doch ich unterbreche sie und beschließe, dass wir uns in der Stadt treffen. Kathie stimmt zu, legt auf und ich gehe nach unten in die Küche.
Mein Vater hat bereits Eier in die Pfanne geschlagen und den Tisch gedeckt. Vorsichtig setzte ich mich auf meinen üblichen Platz, schenke mir Wasser ins Glas vor mir und hebe es an meine
Lippen, um zu trinken. Doch bevor ich einen Schluck trinken kann, fängt mein Vater ein Gespräch an.
Mal wieder geht es darum, was es für Möglichkeiten gibt meine Krankheit ein wenig zu verbessern, doch ich will das Ganze nicht hören. >> Kann er denn nicht mal damit aufhören und damit klar kommen, dass es für mich kein Happy-End geben wird?<< denke ich mir und schaue meinen Vater an, der mir ein Spiegelei auf meinen Teller legt. „Danke“, flüstere ich, nehme die Gabel neben mir und fange an im Ei herumzustochern. Bissen für Bissen schiebe ich mir das Ei in den Mund, trinke mein Glas leer und verschwinde wieder in mein Zimmer. >>Ich kann es nicht leiden, diese Stille, jeden Morgen dasselbe<< denke ich und ziehe mich dann endlich an. Noch einen kurzen Blick aus dem Fenster und ich mache mich auf den Weg in die Stadt.
Ich spüre den Wind, der durch meine Haare weht und steige in den Bus ein, der gerade die Bushaltestelle erreicht. >>Gerade noch pünktlich<< schwirrt es mir durch den Kopf und ich setze mich auf einen freien Platz.
Neben mir sitzt ein Junge, seine Kapuze an seiner Jacke ist tief über sein Gesicht gezogen, sodass man es nicht erkennen kann.
Er ist groß und ich habe das Gefühl ihn irgendwo her zu kennen, obwohl ich sein Gesicht noch nicht einmal gesehen habe. Als ich aussteige merke ich, wie er mich anschaut. Doch ich schaue nicht zurück und steige aus dem Bus aus, vor dem auch schon Kathie wartet.
Wir umarmen uns und laufen dann Richtung Park. Dort setzen wir uns unter einen großen Baum. Gespannt erzähle ich Kathie meinen nächsten Punkt der Liste.
Zuerst ist Kathie skeptisch, doch dann ist sie einverstanden mit dem nächsten Punkt anzufangen. Nach kurzem Überlegen stimme ich ihr zu. „Wie war es gestern eigentlich noch bei diesem Jungen?“, frage ich sie, doch ich bekomme keine Antwort. Kathie steht auf, reicht mir ihre Hand, zieht mich auf die Beine und wir
rennen zum nächsten Cafe, wo wir uns ein Eis bestellen. Inzwischen ist der Wind stärker geworden und es fängt an ein wenig zu regnen.
„Wie willst du denn an das Auto von deinem Vater kommen?“, flüstert mir Kathie zu, sodass es niemand mitbekommt. Ich werfe einen kurzen Blick aus dem Fenster, und denke nach.
„Ab 14.00 Uhr ist mein Vater heute weg. Er geht zu Fuß, also können wir das Auto nehmen. Ich denke nicht, dass er etwas dagegen hat“, antworte ich Kathie und schau sie dann lächelnd an.
Draußen regnet es in Strömen, ich bemerke einen Jungen, er ist groß, hat eine schwarze Lederjacke an, so wie der Junge von heute Morgen. Lange betrachte ich ihn, bis Kathie mich aus meinem Trauma rüttelt. „Carolin, noch da? Hallllooo?“, ruft sie mir entgegen. Verträumt schaue ich sie an, doch es dauert nicht lange bis ich meinen Blick wieder diesem Jungen zuwende. Kurz wandert Kathies Blick ebenfalls zu dem Jungen, und dann wieder zu mir. „Kennst du den?“, fragt sie mich verwundert. Ich schüttle meinen Kopf und antworte ihr darauf: „Ich denke nicht.“
Kapitel 4
Zusammen machen wir uns auf dem Weg zum Bahnhof, doch ich komme nicht von dem Gedanken weg, dass ich den Jungen von irgendwo her kenne. Bevor wir den Bahnhof erreichen, drehe ich mich um und renne zum Cafe zurück, in dem wir noch vor ca. fünf Minuten saßen. Kathie kommt mir hinterher gerannt, hält mich fest und macht mir klar, dass ich verrückt bin. Doch das will ich im Moment nicht hören. „Ich muss wissen wer dieser Junge ist! Bitte Kathie!“, flehe ich sie an, und schaue mich weiter nach dem Jungen um.
Ein Seufzen kommt aus ihrem Mund, das für mich eindeutig ein JA ist. So lange kenne ich Kathie nun, dass ich weiß wie sie mit diesem Geräusch zustimmt.
Ich laufe weiter in Richtung Cafe, doch dann bleiben meine Füße stehen. Mein Herz fängt an zu rasen und ich habe das Gefühl, es würde mit gleich aus meiner Brust springen.
Genau vor mir steht er mit seiner Lederjacke und der Kapuze über dem Kopf. Ich weiß nicht was ich sagen soll, mein Mund fühlt sich trocken an, und ich bekomme keinen Ton heraus. Zum Glück greift Kathie ein und zieht mich weiter, an ihm vorbei und um die Ecke. Erst jetzt bemerke ich was gerade passiert ist. Ich schaue Kathie an, die nichts anderes zu tun hat als mich anzulächeln.
„Wie süß, Carolin. Bist du verliebt?“, bemerkt sie einfühlsam, und umarmt mich. Ich strecke ihr die Zunge raus, was so viel heißen soll wie „lüge nicht rum“ und blicke um die Ecke.
Er ist weg. Verwirrt schaue ich mich noch mal um, doch er ist nicht mehr da. Egal wie oft ich mich noch umschauen werde. „Können wir jetzt zum Bahnhof? Es ist schon 13.24 Uhr.“, entgegnet mir Kathie, und wir laufen zusammen weiter.
Am Bahnhof angekommen lassen wir uns auf eine der freien Bänke fallen und starren die Bushaltestelle an. >>Hoffentlich bekommen wir noch den Bus. Ansonsten können wir das mit dem
Autofahren vergessen<< schwirrt es mir durch den Kopf als gerade ein Bus vor uns hält: „Hottenweiler Bus Nummer 7“ steht vorne auf der Anzeigetafel, und wir steigen ein.
Ich sitze neben einer alten Dame, die gerade dabei ist ihren Hund mit Streicheleinheiten zu verwöhnen. Gegenüber von mir sitzt Kathie neben einem Kind im Alter von vielleicht 14 Jahren.
Mein Blick wandert aus dem Fenster, und ich merke erst jetzt, dass es aufgehört hat zu regnen. Bushaltestelle für Bushalte- stelle bleiben wir sitzen, bis dann endlich „Hottenweiler“ angesagt wird. Ich hebe mich an einer der Stangen fest um nicht umzufallen als der Busfahrer bremst und steige aus. Kathie kommt hinterher gerannt und gemeinsam gehen wir zu mir nach Hause.
Wir kommen gerade rechtzeitig an, mein Vater verlässt das Haus und macht sich auf den Weg in die Stadt. Als er nicht mehr in Sichtweite ist, schleiche ich ins Haus, um den Autoschüssel zu holen, und komme dann wieder zu Kathie zurück, die solange am Auto gewartet hat.
„Bist du dir sicher, dass du das machen willst?“, fragt sie mich verzweifelt, doch jetzt lasse ich mich von Keinem mehr abbringen.
Ich schließe das Auto auf, steige ein und schaue Kathie noch einmal kurz an. Nach einem kurzen Moment steigt auch sie ein und lächelt mich an. „Das lass ich mir doch ganz sicher nicht entgehen“, kichert sie mir zu und ich starte den Motor.
Zuerst macht das Auto einen Ruck nach vorne, und ich bekomme es mit der Angst zu tun. >>Ist es wirklich eine gute Idee mit dem Auto zu fahren? Schließlich habe ich noch nicht einmal meine erste Fahrstunde gehabt<< schwirrt es mir kurz durch den Kopf, während ich vorsichtig die Handbremse löse und auf das Gas drücke.
Immer wieder springt das Auto nach vorne, und Kathie hält sich bereits überall fest, so gut es nur möglich ist. Nach ein paar Versuchen habe ich ein wenig das Gefühl wie sehr ich auf das
Gas drücken muss. Ich fahre auf eine Landstraße, auf der nicht viel Verkehr ist und schleudere ein wenig herum. Es macht Spaß immer wieder auf die Bremse zu drücken und dann wieder loszufahren. Ein paarmal habe ich das Auto bereits abgewürgt bevor Kathie etwas sagen kann. „Fahr da vorne rechts ran, Carolin! Das wird nicht gut gehen.“, ruft sie mir panisch zu. Doch ich höre nicht auf sie und fahre weiter. In Wirklichkeit habe ich es nicht mal wahrgenommen, was Kathie von mir will, weil ich zu sehr mit dem Autofahren beschäftigt bin.
Auf einmal fängt es an zu regnen, von einem Moment auf den anderen. Ich bekomme Panik und suche verzweifelt den Scheibenwischer. „Da links Carolin, unter dem Lenkrad, los mach doch!!“, schreit mich Kathie verzweifelt an. Meine Hände greifen nach allem Möglichen, aber nicht nach dem Hebel den ich suche und brauche. Mein Herz fängt an zu pochen und ich versuche irgendwo an die Seite zu fahren. Doch ich kann nichts erkennen. Immer wieder prasseln neue Regentropfen auf die Vorderscheibe.
Das Auto schwenkt hin und her, das Lenkrad wird schwer zu steuern, meine Hände werden vor Angst immer nasser. Mit aller Kraft versuche ich das Auto zu steuern, doch es klappt nicht. „Halte dich gut fest, Kathie!“, erkläre ich ihr in Panik und ich drücke mit voller Wucht auf die Bremse. Das Auto schleudert hin und her, ich versuche etwas zu erkennen, doch außer einem Bach, der an der Vorderscheibe herunterläuft, ist alles verschwommen.
Ich spüre wie sich das Auto dreht, und höre Kathie neben mir schreien. >>Was soll ich nur tun! Wo ist dieser verdammte Schalter! HILFE! << denke ich mir. Mit aller Kraft drehe ich das Lenkrad nach rechts in der Hoffnung es wird helfen. Doch dann, Kathies Kopf schwenkt im Auto herum und knallt gegen das Fenster. Ich schreie auf, und will ihr helfen.
Das Auto gerät außer Kontrolle. Jetzt weiß ich, dass wir keine Chance mehr haben werden. Ich spüre wie das Auto gegen etwas
knallt, mein Kopf wird nach vorne geschleudert und es wird schwarz vor meinen Augen.